Urteil - Kanzlei Hoang

Handy am Arbeitsplatz: Neues Urteil stärkt Arbeitgeberbefugnisse

Im Arbeitsalltag spielt das private Smartphone eine immer größere Rolle, doch nicht immer passt die Nutzung zu betrieblichen Abläufen oder Sicherheitsanforderungen. Das Bundesarbeitsgericht musste entscheiden, ob der Arbeitgeber die private Handy-Nutzung im Betrieb einseitig verbieten darf oder ob der Betriebsrat dabei ein Mitspracherecht hat. Für Beschäftigte und betriebliche Interessenvertretungen ist dieses Thema besonders relevant, weil es die Grenze zwischen betrieblicher Ordnung und arbeitsbezogenem Verhalten klärt. Das Urteil zeigt, wie weit die Weisungsrechte des Arbeitgebers reichen und welche Regelungen zwingend mitbestimmungspflichtig sind. Gleichzeitig verdeutlicht die Entscheidung, dass nicht jedes Verhalten, das wie eine Ordnungsregel wirkt, tatsächlich der Mitbestimmung unterliegt. Die Entscheidung ist daher ein wichtiges Orientierungssignal für den Umgang mit privaten Mobiltelefonen am Arbeitsplatz. Sie hilft zu verstehen, was Arbeitgeber dürfen und wo der Betriebsrat eingebunden werden muss.

Aktenzeichen1 ABR 24/22
Entscheidungsdatum17.10.2023
VorinstanzenLandesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 04.05.2022 – 7 TaBV 79/21
Relevante Vorschriften§ 87 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 7 BetrVG, § 106 GewO

Sachverhalt

Im zugrunde liegenden Fall untersagte ein Logistikunternehmen die private Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit. Die Arbeitgeberseite begründete dies mit Ablenkungsrisiken und Sicherheitsbedenken in einem stark taktgesteuerten Lagerumfeld. Sie war der Ansicht, dass das Verbot Teil des Direktionsrechts ist, weil es unmittelbar auf die ordnungsgemäße Erbringung der Arbeitsleistung abzielt. Der Betriebsrat sah dies anders und ging davon aus, dass die Regelung das Verhalten der Beschäftigten im Betrieb ordnet, weshalb sie der Mitbestimmung unterfallen müsse.

Da keine Einigung erzielt wurde, leitete der Betriebsrat ein Beschlussverfahren ein. Er wollte festgestellt wissen, dass ihn der Arbeitgeber bei der Einführung des Verbots hätte beteiligen müssen. Beide Seiten argumentierten mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die sich auf die Abgrenzung von Arbeitsverhalten und Ordnungsverhalten bezogen. Nachdem die Vorinstanzen zu unterschiedlichen Einschätzungen gelangten, musste das Bundesarbeitsgericht klären, wie das Verbot rechtlich einzuordnen ist. Der Streit hatte nicht nur Bedeutung für den konkreten Betrieb, sondern auch für viele Unternehmen mit ähnlichen Arbeitsabläufen und Sicherheitsanforderungen.

Entscheidungsgründe

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass ein Smartphone-Verbot während der Arbeitsausführung dem Arbeitsverhalten zuzuordnen ist, wenn es in erster Linie die Konzentration, Sicherheit oder Leistungsfähigkeit betrifft. Solche Vorgaben sind Teil des Weisungsrechts des Arbeitgebers und unterliegen daher nicht der Mitbestimmung. Das Gericht stellte klar, dass die private Nutzung eines Smartphones während sicherheitsrelevanter oder konzentrierter Tätigkeiten die ordnungsgemäße Arbeitserfüllung beeinträchtigen kann. Deshalb kann der Arbeitgeber in solchen Fällen Vorgaben einseitig erteilen.

Eine Mitbestimmung ist dagegen erforderlich, wenn die Regelung das allgemeine Verhalten im Betrieb betrifft, also außerhalb der konkreten Arbeitsaufgabe. Das gilt etwa für Verbote in Pausenbereichen oder allgemeine „Handy-Verbote“ ohne Bezug zur Leistungserbringung. Das Urteil bestätigt die bisherige Linie der Rechtsprechung und zeigt, dass die Abgrenzung zwischen Arbeits- und Ordnungsverhalten entscheidend bleibt. Für die Praxis bedeutet das, dass Arbeitgeber Smartphone-Verbote zulässig einführen können, solange sie sich auf die Arbeitsleistung beziehen. Gleichzeitig bleibt der Betriebsrat ein wichtiger Akteur, sobald darüber hinausgehende Verhaltensregeln eingeführt werden sollen.

Zusammenfassung

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts macht deutlich, dass ein Arbeitgeber die private Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit verbieten darf, ohne den Betriebsrat zu beteiligen. Entscheidend war, dass das Handyverbot nicht das allgemeine Verhalten der Beschäftigten im Betrieb ordnete, sondern unmittelbar auf die ordnungsgemäße Erfüllung der Arbeitsaufgaben abzielte. Damit stellte das Gericht klar, dass es sich um arbeitsbezogenes Verhalten handelt, für das kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Die Entscheidung zeigt, wie wichtig die Abgrenzung zwischen Arbeits- und Ordnungsverhalten ist, da hiervon abhängt, ob der Betriebsrat einbezogen werden muss. Für die Praxis bedeutet das, dass Arbeitgeber Sicherheits- oder Konzentrationsanforderungen einseitig durchsetzen dürfen, solange sie sich direkt auf die Arbeitsleistung beziehen. Beschäftigte und Betriebsräte erhalten dadurch eine klare Orientierung, welche Regeln der Arbeitgeber selbstständig vorgeben kann und wann eine Beteiligung des Betriebsrats zwingend erforderlich bleibt. Das Urteil sorgt damit für Rechtssicherheit und hilft, Konflikte rund um Smartphone-Regelungen im Betrieb zu vermeiden.

Das können wir für Sie tun

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Bildnachweis: Foto von KATRIN BOLOVTSOVA

Rechtsanwalt Van Hoang, LL.B.
Rechtsanwalt Van Hoang, LL.B.

Rechtsanwalt Hoang ist bundesweit tätig und spezialisiert auf Arbeitsrecht – von Kündigung und Abmahnung bis hin zu Aufhebungsverträgen und Lohnansprüchen. Zusätzlich berät er kompetent im allgemeinen Zivilrecht und Datenschutzrecht. Mandanten profitieren von klarer Kommunikation, effizienter Fallbearbeitung und fundierter juristischer Expertise. Dabei legt er besonderen Wert auf strategisches Vorgehen und taktisch kluges Verhandeln, um für seine Mandanten optimale Ergebnisse zu erzielen.

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