Urteil - Kanzlei Hoang

Kein Schadensersatz und Anpassung des Aufhebungsvertrages

Kein Schadensersatz und Anpassung des Aufhebungsvertrages: Arbeitnehmer aufgepasst! In diesem Fall ging es um einen langjährig beschäftigten Arbeitnehmer, der einen freiwilligen Aufhebungsvertrag mit seinem Arbeitgeber abgeschlossen hatte. Er erhielt für die Zeit bis zu seinem Austritt eine Überbrückungszahlung, die im Rahmen eines umfangreichen Programms festgelegt wurde. Später führte der Arbeitgeber ein neues Programm ein, das für andere Beschäftigte deutlich bessere Konditionen vorsah. Der Arbeitnehmer fühlte sich dadurch benachteiligt und verlangte eine Anpassung seines Vertrags oder eine Zahlung in Höhe der höheren Leistung. Das Gericht musste daher klären, ob eine nachträgliche Verbesserung für andere Kolleginnen und Kollegen automatisch auch einen Anspruch für bereits ausgeschiedene Beschäftigte begründet. Für Arbeitnehmer ist dieses Urteil besonders wichtig, da es zeigt, welche Risiken ein Aufhebungsvertrag haben kann und ob spätere bessere Angebote eingeklagt werden können. Die Entscheidung bietet wichtige Orientierung für alle, die über die Teilnahme an solchen Programmen nachdenken oder sich im Nachhinein benachteiligt fühlen.

GerichtLandesarbeitsgericht Köln
Aktenzeichen6 Sa 630/23
Entscheidungsdatum12.09.2024
VorinstanzenArbeitsgericht Köln, Urteil vom 31.10.2023 – 4 Ca 2837/23
Relevante Vorschriften§ 280 BGB, § 313 BGB, § 133 BGB

Sachverhalt

Der Kläger war über viele Jahre als Ingenieur im Unternehmen tätig und verdiente zuletzt ein monatliches Bruttogehalt von 7.500 Euro. Seit 2018 bot der Arbeitgeber regelmäßig freiwillige Programme an, die Beschäftigten einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsverhältnis ermöglichten. Solche Programme beinhalten häufig Abfindungen oder Überbrückungszahlungen und sollen einen sozialverträglichen Stellenabbau ermöglichen. Im Jahr 2021 entschied sich der Kläger zur Teilnahme und schloss einen Aufhebungsvertrag, der ihm eine monatliche Zahlung in Höhe von 55 Prozent seines letzten Bruttogehalts zusicherte. Gleichzeitig enthielt das Informationsmaterial (Angebotsflyer) den Hinweis, dass sich die Konditionen im laufenden Programm nicht verbessern würden.

Nur kurze Zeit später führte der Arbeitgeber ein neues Freiwilligenprogramm ein, das für dieselbe Zielgruppe eine erhebliche Verbesserung vorsah: Dort erhielten Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Überbrückungszahlung von 65 Prozent des letzten Bruttogehalts. Der Kläger sah darin eine Benachteiligung, da er nach seinem Verständnis durch die Aussagen im Programm davon ausgegangen war, es werde keine späteren Programme mit besseren Konditionen geben. Aus diesem Grund verlangte er von seinem Arbeitgeber entweder eine Anpassung des Aufhebungsvertrags oder zumindest die Zahlung der Differenz zu den höheren Leistungen des neuen Programms. Die Gegenseite berief sich darauf, dass der Kläger freiwillig unterschrieben hatte und keinerlei Zusagen über zukünftige Programme gemacht worden seien. Das Arbeitsgericht Köln wies die Klage ab, und der Arbeitnehmer legte Berufung zum Landesarbeitsgericht Köln ein.

Entscheidungsgründe

Das Landesarbeitsgericht Köln bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und stellte klar, dass dem Kläger weder ein Anspruch auf Schadensersatz noch eine Anpassung des Vertrags zusteht. Das Gericht prüfte zunächst, ob der Arbeitgeber Pflichten verletzt hatte, was Grundlage eines Schadensersatzanspruchs wäre. Da der Arbeitgeber aber keine falschen Versprechungen abgegeben hatte und der Hinweis im Flyer lediglich auf das laufende Programm bezogen war, konnte keine Pflichtverletzung festgestellt werden. Außerdem konnte der Kläger nicht beweisen, dass er den Vertrag ohne diese Information nicht unterschrieben hätte oder dass er sicher einen Platz im späteren Programm bekommen hätte.

Auch eine Vertragsanpassung wegen veränderter Umstände lehnte das Gericht ab. Eine solche Anpassung kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Voraussetzungen grundlegend geändert haben und es für eine Partei unzumutbar ist, an der ursprünglichen Vereinbarung festzuhalten. Hier sah das Gericht keine unzumutbare Belastung, da der Kläger eine freiwillige Entscheidung getroffen und eine umfangreiche Überbrückungszahlung erhalten hatte. Ein späteres besseres Angebot für andere Beschäftigte stelle keine solche grundlegende Änderung dar. Zudem betonte das Gericht, dass Arbeitgeber berechtigt sind, neue Programme mit geänderten Konditionen einzuführen, ohne frühere Teilnehmende automatisch gleichstellen zu müssen.

Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz führte nicht zum Erfolg. Dieser gilt nur, wenn vergleichbare Gruppen unterschiedlich behandelt werden, was hier jedoch nicht der Fall war. Das Gericht stellte fest, dass die Teilnehmer verschiedener Programme nicht miteinander vergleichbar sind, da sie unterschiedliche vertragliche Grundlagen und unterschiedliche Zeitpunkte für ihre Entscheidung hatten. Daher konnte der Kläger nicht verlangen, nachträglich in ein anderes Programm einbezogen zu werden. Die Entscheidung stärkt die Rechtssicherheit bei Aufhebungsverträgen und zeigt, dass freiwillige Programme nur im Zeitpunkt der Unterschrift gelten und spätere Änderungen keine Ansprüche begründen.

Zusammenfassung

Das Urteil zeigt deutlich, dass Arbeitnehmer nach der Unterzeichnung eines freiwilligen Aufhebungsvertrags grundsätzlich an die vereinbarten Konditionen gebunden bleiben. Selbst wenn der Arbeitgeber später ein neues Programm mit attraktiveren Leistungen anbietet, entsteht daraus kein Anspruch auf nachträgliche Anpassung oder zusätzliche Zahlungen. Entscheidend ist, dass der Vertrag freiwillig geschlossen wurde und keine falschen Zusagen des Arbeitgebers vorlagen. Das Gericht betonte außerdem, dass unterschiedliche Programme nicht miteinander vergleichbar sind und der Gleichbehandlungsgrundsatz hier keine Anwendung findet. Arbeitnehmer sollten daher vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags genau prüfen, welche Leistungen sie erhalten und ob spätere Entwicklungen für sie eine Rolle spielen könnten.

Das können wir für Sie tun

Wenn Sie vor der Entscheidung stehen, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, oder Zweifel an der Fairness eines freiwilligen Programms Ihres Arbeitgebers haben, unterstützen wir Sie gerne. Unsere Kanzlei vertritt Arbeitnehmer bundesweit im Arbeitsrecht und prüft Ihre Ansprüche sorgfältig. Wir helfen Ihnen, Risiken zu erkennen, unfaire Bedingungen abzuwehren und Ihre Rechte umfassend zu schützen.

Bildnachweis: Foto von KATRIN BOLOVTSOVA

Rechtsanwalt Van Hoang, LL.B.
Rechtsanwalt Van Hoang, LL.B.

Rechtsanwalt Hoang ist bundesweit tätig und spezialisiert auf Arbeitsrecht – von Kündigung und Abmahnung bis hin zu Aufhebungsverträgen und Lohnansprüchen. Zusätzlich berät er kompetent im allgemeinen Zivilrecht und Datenschutzrecht. Mandanten profitieren von klarer Kommunikation, effizienter Fallbearbeitung und fundierter juristischer Expertise. Dabei legt er besonderen Wert auf strategisches Vorgehen und taktisch kluges Verhandeln, um für seine Mandanten optimale Ergebnisse zu erzielen.

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