Urteil - Kanzlei Hoang

Urlaub trotz Krankheit – BAG stärkt Arbeitnehmerrechte

In dem Urteil des Bundesarbeitsgericht (BAG) vom 15. Juli 2025 ging es um die Frage, ob der gesetzliche Mindesturlaub auch bei langandauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit verfällt oder durch eine vertragliche Regelung fortbestehen kann. Die Klägerin war über mehrere Jahre arbeitsunfähig erkrankt und forderte die Abgeltung ihres nicht genommenen Urlaubs aus sechs Jahren.

Der Fall ist für Arbeitnehmer besonders relevant, weil er zeigt, wie sich Urlaubsansprüche bei längerer Krankheit verhalten und wie Arbeitsverträge gestaltet sein sollten, damit Ansprüche erhalten bleiben. Entscheidend war, ob eine arbeitsvertragliche Klausel den sonst geltenden Verfall des Urlaubs ausschließt. Das Urteil stärkt damit die Position der Beschäftigten gegenüber Arbeitgebern – insbesondere in Fällen langanhaltender Erkrankung. Es lohnt sich für Arbeitnehmer, ihre Arbeitsverträge und Firmenregelungen genau zu prüfen, ob solche Klauseln enthalten sind. Auch Betriebsräte und Gewerkschaften sollten die Regelungsinhalte im Blick haben, um betroffene Beschäftigte beraten zu können.

GerichtBundesarbeitsgericht
Aktenzeichen9 AZR 198/24
Entscheidungsdatum15.07.2025
VorinstanzenLandesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2024, 8 SLa 49/24; Arbeitsgericht Wuppertal, Urteil vom 10. November 2023, 1 Ca 1572/23
Relevante Vorschriften§ 7 Abs. 3 BUrlG, § 7 Abs. 4 BUrlG

Sachverhalt

Die Klägerin war seit dem Jahr 2010 bei einem kirchlichen Arbeitgeber beschäftigt. Ab Juli 2015 war sie dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt. In ihrem Arbeitsvertrag wurde festgelegt, dass Urlaub nicht verfällt, wenn er wegen Krankheit nicht genommen werden kann. Ergänzend galten die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien, die hingegen einen früheren Verfall vorsahen. Als das Arbeitsverhältnis im Juni 2023 endete, verlangte die Klägerin die Auszahlung des Urlaubs aus den Jahren 2016 bis 2021. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und berief sich auf die gesetzliche bzw. rechtsprechungsbasierte 15-Monatsfrist. Das Arbeitsgericht folgte zunächst der Auffassung des Arbeitgebers, das Landesarbeitsgericht gab jedoch der Klägerin Recht. Die Klägerin legte schließlich Revision beim Bundesarbeitsgericht ein, welches die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestätigte. Der Fall zeigt, wie stark die vertragliche Gestaltung den Urlaubsschutz beeinflussen kann.

Entscheidungsgründe

Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass der gesetzliche Mindesturlaub auch während einer Krankheitsphase entsteht. Der Arbeitnehmer verliert diesen Anspruch auch nicht automatisch, nur weil er längere Zeit arbeitsunfähig ist. Die Frage war jedoch, ob der Anspruch verfällt, wenn der Arbeitnehmer über lange Zeit krank ist und die 15-Monatsfrist überschritten wird. Das Gericht erklärte, dass der Verfall nur dann eintritt, wenn der Arbeitsvertrag keine günstigere Regelung vorsieht. Im vorliegenden Fall enthielt der Vertrag aber eine Bestimmung, wonach Urlaub bei Krankheit nicht verfällt. Diese vertragliche Regelung war wirksam und ging den kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien vor, die eine frühere Verfallsregelung vorsahen. Das BAG stärkte damit den Gedanken der Vertragsfreiheit und bestätigte, dass arbeitsvertragliche Klauseln den gesetzlichen Mindesturlaub sogar besser schützen können als das Gesetz selbst. Für Arbeitnehmer bedeutet das eine erhebliche Stärkung ihrer Rechte bei längerer Krankheit.

Zusammenfassung

Arbeitsverträge können den Verfall von Urlaub bei langer Krankheit verhindern. Das BAG bestätigt, dass vertragliche Regelungen Arbeitnehmer wirksam schützen.

Das können wir für Sie tun

Haben Sie Fragen dazu, ob Ihr Urlaub trotz langer Krankheit noch besteht oder ausgezahlt werden kann? Unsere Kanzlei unterstützt Arbeitnehmer bundesweit im Arbeitsrecht. Wir prüfen Ihre Vertragsunterlagen, bewerten Ihre Ansprüche und setzen Ihre Rechte kompetent und zuverlässig durch.

Bildnachweis: Foto von KATRIN BOLOVTSOVA

Rechtsanwalt Van Hoang, LL.B.
Rechtsanwalt Van Hoang, LL.B.

Rechtsanwalt Hoang ist bundesweit tätig und spezialisiert auf Arbeitsrecht – von Kündigung und Abmahnung bis hin zu Aufhebungsverträgen und Lohnansprüchen. Zusätzlich berät er kompetent im allgemeinen Zivilrecht und Datenschutzrecht. Mandanten profitieren von klarer Kommunikation, effizienter Fallbearbeitung und fundierter juristischer Expertise. Dabei legt er besonderen Wert auf strategisches Vorgehen und taktisch kluges Verhandeln, um für seine Mandanten optimale Ergebnisse zu erzielen.

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