In diesem Fall ging es um die Frage, ob eine Betriebsratswahl wegen erheblicher Fehler im Wahlverfahren für unwirksam erklärt werden muss. Besonders im Fokus stand die Stimmauszählung, die nicht so öffentlich durchgeführt wurde, wie es das Gesetz verlangt. Zusätzlich war die Besetzung des Wahlvorstands problematisch, da nicht alle Mitglieder während der entscheidenden Abläufe anwesend waren. Für Arbeitnehmer ist dieses Urteil relevant, weil eine transparente und ordnungsgemäße Wahl ein grundlegendes Recht der Belegschaft ist. Nur wenn klare Regeln eingehalten werden, können Beschäftigte sicher sein, dass ihr Betriebsrat tatsächlich demokratisch legitimiert ist. Das Urteil zeigt außerdem, wie streng die Anforderungen an Wahlvorstände sind und dass organisatorische Schwierigkeiten nicht als Entschuldigung für Rechtsverstöße ausreichen. Damit liefert die Entscheidung wichtige Orientierung für künftige Betriebsratswahlen.
Inhaltsverzeichnis
Überblick über das Urteil
| Gericht | Landesarbeitsgericht Sachsen |
| Aktenzeichen | 3 TaBV 9/23 |
| Entscheidungsdatum | 23.01.2024 |
| Vorinstanzen | Arbeitsgericht Zwickau, Beschluss vom 28.11.2022, 4 BV 4/22 |
| Relevante Vorschriften | § 19 BetrVG, § 18 BetrVG, § 16 BetrVG, § 87 ArbGG, § 3 WO, § 10 WO, § 12 WO, § 13 WO, § 14 WO |
Sachverhalt
Gegenstand des Verfahrens war die Wahl eines Betriebsrats in einem großen Betrieb, die von mehreren Beschäftigten angefochten wurde. Sie rügten insbesondere, dass die Stimmauszählung nicht ausreichend öffentlich gewesen sei, obwohl jeder Beschäftigte das Recht hat, diese zu verfolgen. Die Auszählung fand in einem Raum statt, zu dem der Zugang erschwert war, weil Türen teilweise geschlossen waren und der Zutritt nur nach Rückfrage möglich war. Zusätzlich galten Hygieneregeln und organisatorische Einschränkungen, die den Zugang weiter beeinträchtigten. Die Anfechtenden argumentierten, dass diese Bedingungen eine echte Kontrolle der Wahl unmöglich machten.
Ein weiterer Streitpunkt betraf die Anwesenheit des Wahlvorstands während der Auszählung. Ein Mitglied wurde durch Ersatzmitglieder vertreten, obwohl keine Verhinderung vorlag. Während wesentlicher Auszählungsschritte fehlten Wahlvorstandsmitglieder vollständig, obwohl das Gesetz vorschreibt, dass der Wahlvorstand die Stimmen gemeinsam auszuzählen hat. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses wurde die Wahl fristgerecht angefochten. Das Arbeitsgericht Hannover gab der Anfechtung statt. Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitgeberseite Beschwerde beim Landesarbeitsgericht ein.
Entscheidungsgründe
Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und erklärte die Wahl für unwirksam. Kernpunkt war die fehlende Öffentlichkeit der Stimmauszählung. Eine ordnungsgemäße Auszählung erfordert, dass jede interessierte Person aus der Belegschaft den Raum jederzeit betreten und den Vorgang beobachten kann. Nach Ansicht des Gerichts war dies nicht gewährleistet, weil Türen geschlossen waren, Anweisungen des Wahlvorstands den Zugang erschwerten und das Hygienekonzept keine überzeugende Rechtfertigung bot. Die Öffentlichkeit ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Kontrolle und nicht disponibel.
Zudem lagen erhebliche Fehler bei der Besetzung des Wahlvorstands vor. Ein nicht verhinderter Funktionsträger wurde durch Ersatzmitglieder vertreten, was gegen die zwingende Reihenfolge der Wahlordnung verstößt. Ebenso gravierend war, dass Teile des Wahlvorstands während der Auszählung nicht anwesend waren. Die Auszählung ist ein gemeinschaftlicher Vorgang, der nicht in Abwesenheit einzelner Mitglieder stattfinden darf. Diese Fehler waren nach Ansicht des Gerichts geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen, weshalb die Wahl insgesamt unwirksam war.
Für Arbeitnehmer ist das Urteil bedeutsam, weil es ihre Kontrolle über den Wahlprozess stärkt. Es stellt klar, dass eine Betriebsratswahl nur dann Bestand hat, wenn Transparenz und korrekte Besetzung des Wahlvorstands gewährleistet sind. Die Entscheidung zeigt zudem, dass organisatorische Schwierigkeiten keine Ausrede für Verstöße gegen demokratische Mindeststandards sind.
Zusammenfassung
Eine Betriebsratswahl ist unwirksam, wenn die Stimmauszählung nicht öffentlich erfolgt oder der Wahlvorstand nicht ordnungsgemäß bei der Stimmzählung besetzt ist.
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Bildnachweis: Foto von KATRIN BOLOVTSOVA

