Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – umgangssprachlich „Krankschreibung“ genannt – ist für Arbeitnehmer ein wichtiger Nachweis, wenn sie krankheitsbedingt nicht arbeiten können. Sie schützt vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen und sichert den Anspruch auf Lohnfortzahlung. Doch viele wissen nicht genau, wann die Bescheinigung erforderlich ist, wie sie richtig übermittelt wird und was sich mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) geändert hat. In diesem Beitrag erfahren Sie, was bei der Krankmeldung zu beachten ist, welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer haben und wie Sie rechtssicher mit Ihrer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung umgehen.
Inhaltsverzeichnis
Was eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bedeutet
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ist ein ärztlicher Nachweis darüber, dass ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, seine Arbeit auszuführen. Sie bestätigt Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Der Arzt entscheidet nach einer medizinischen Untersuchung, ob und wie lange der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist.
Rechtlich gesehen erfüllt die AU eine doppelte Funktion: Sie dient als Nachweis gegenüber dem Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig ist, und sie sichert den Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Nur wenn eine Arbeitsunfähigkeit ordnungsgemäß bescheinigt ist, bleibt der Lohnanspruch bestehen.
Arbeitnehmer sollten wissen, dass die AU keine Diagnose enthält. Der Arbeitgeber erfährt also nicht, welche Krankheit vorliegt – nur, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist. Damit wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht und der Datenschutz gewahrt.
Wann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erforderlich ist
Nach § 5 Abs. 1 EFZG muss der Arbeitnehmer spätestens am vierten Kalendertag der Erkrankung eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Der Arbeitgeber kann jedoch verlangen, dass die Bescheinigung bereits ab dem ersten Krankheitstag vorgelegt wird. Dies kann durch den Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag geregelt sein.
Ein Beispiel: Wenn Sie sich am Montag krankmelden, muss die AU spätestens am Donnerstag beim Arbeitgeber vorliegen – es sei denn, dieser verlangt sie früher. Entscheidend ist der tatsächliche Eingang der Bescheinigung beim Arbeitgeber, nicht das Ausstellungsdatum.
Auch bei erneuter Erkrankung nach kurzer Gesundmeldung oder bei Verlängerung einer bestehenden Krankheit ist eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erforderlich. Wichtig ist, dass es keine Lücke zwischen den Bescheinigungen gibt, da sonst der Anspruch auf Entgeltfortzahlung verloren gehen kann.
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)
Seit Anfang 2023 wird die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Deutschland grundsätzlich elektronisch übermittelt. Die sogenannte eAU ersetzt den bisherigen „gelben Schein“ in Papierform. Ärzte übermitteln die Krankmeldung digital an die Krankenkasse, und der Arbeitgeber ruft sie dort elektronisch ab.
Für Arbeitnehmer entfällt damit in der Regel die Pflicht, die AU in Papierform beim Arbeitgeber einzureichen. Trotzdem bleibt die Pflicht bestehen, den Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer zu informieren.
Privatversicherte Arbeitnehmer sind von der eAU ausgenommen, da ihre Daten nicht über die Krankenkassen laufen. Sie müssen weiterhin eine Papierbescheinigung beim Arbeitgeber einreichen. Auch wenn die elektronische Übertragung einmal nicht funktioniert, ist es ratsam, sich eine Kopie der AU vom Arzt aushändigen zu lassen, um einen Nachweis in der Hand zu haben.
Inhalt und Bedeutung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthält mehrere wichtige Angaben: den Namen des Arbeitnehmers, den Beginn und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit sowie das Ausstellungsdatum. Sie enthält keine Diagnose, keine Informationen über Art oder Schwere der Erkrankung und keine medizinischen Details.
Das Fehlen dieser Angaben ist rechtlich gewollt, um den Datenschutz zu gewährleisten. Der Arbeitgeber darf nur wissen, dass eine Arbeitsunfähigkeit besteht, nicht aber, warum. Auch Nachfragen zur konkreten Erkrankung sind unzulässig.
Die AU gilt grundsätzlich als Beweismittel dafür, dass der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig ist. Sie genießt hohen Beweiswert vor Gericht. Nur bei konkretem Verdacht auf Missbrauch – etwa bei auffälliger Häufung von Krankmeldungen – darf der Arbeitgeber den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einschalten, um die Arbeitsunfähigkeit überprüfen zu lassen.
Verlängerung und Folgebescheinigung
Wenn die Krankheit länger andauert als zunächst angenommen, muss der Arbeitnehmer rechtzeitig eine Folgebescheinigung einholen. Diese sollte spätestens am nächsten Werktag nach Ablauf der bisherigen Krankschreibung ausgestellt sein.
Zwischen dem Ende der alten und dem Beginn der neuen Bescheinigung darf keine zeitliche Lücke entstehen. Eine solche Unterbrechung kann dazu führen, dass der Anspruch auf Entgeltfortzahlung verloren geht, selbst wenn die Krankheit tatsächlich durchgehend bestanden hat.
Die Folgebescheinigung wird wie die Erstbescheinigung elektronisch übermittelt. Arbeitnehmer sollten jedoch selbst darauf achten, dass der Arzt die Verlängerung rechtzeitig ausstellt und übermittelt. So vermeiden sie Probleme mit der Krankenkasse oder dem Arbeitgeber.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei Auslandsaufenthalt
Auch im Ausland gilt die Pflicht, eine Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. Arbeitnehmer müssen den Arbeitgeber und die Krankenkasse unverzüglich informieren, wenn sie im Urlaub oder auf einer Dienstreise erkranken. Die Krankmeldung sollte so schnell wie möglich telefonisch oder per E-Mail erfolgen.
Eine ärztliche Bescheinigung aus dem Ausland muss ebenfalls vorgelegt werden und sollte, falls erforderlich, in deutscher Sprache übersetzt werden. Nach der Rückkehr sollte die Bescheinigung nochmals bei der Krankenkasse eingereicht werden, um den Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu sichern.
Wer im Ausland keine ärztliche Bescheinigung vorlegt oder sich verspätet meldet, riskiert, dass der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigert. Besonders bei längeren Auslandsaufenthalten empfiehlt es sich, vorab die genauen Meldepflichten mit der Krankenkasse zu klären.
Folgen bei Verstößen gegen die Pflichten rund um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Wer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu spät vorlegt oder die Erkrankung gar nicht meldet, verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten. In der Regel erfolgt zunächst eine Abmahnung. Wiederholte Verstöße können jedoch eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.
Darüber hinaus kann der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern, solange die AU fehlt. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer für diese Zeit keinen Lohn erhält, selbst wenn er tatsächlich krank war. Nur ein rechtzeitiger Nachweis sichert den Vergütungsanspruch.
In der Praxis entstehen viele Konflikte durch Missverständnisse oder technische Probleme bei der Übermittlung. Arbeitnehmer sollten daher immer den Nachweis sichern, dass sie ihrer Pflicht nachgekommen sind – etwa durch ärztliche Bestätigung oder Kopien. Bei Streitigkeiten kann ein Anwalt für Arbeitsrecht helfen, Ansprüche auf Lohnfortzahlung durchzusetzen.
Zusammenfassung
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist der gesetzlich vorgeschriebene Nachweis über eine krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung. Sie muss rechtzeitig ausgestellt, übermittelt und bei längerer Erkrankung lückenlos verlängert werden.
Fazit
Eine ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist entscheidend, um den Anspruch auf Lohnfortzahlung zu sichern und arbeitsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Seit der Einführung der elektronischen AU ist das Verfahren einfacher, doch die Mitteilungspflicht gegenüber dem Arbeitgeber bleibt bestehen. Arbeitnehmer sollten Fristen einhalten, Nachweise aufbewahren und bei Unklarheiten rechtlichen Rat einholen. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann prüfen, ob Arbeitgeberpflichten verletzt oder Ansprüche zu Unrecht verweigert wurden.
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