Der Kammertermin ist die zentrale Hauptverhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Er folgt auf den Gütetermin, wenn dort keine Einigung erzielt werden konnte. Während der Gütetermin auf eine schnelle und einvernehmliche Lösung abzielt, dient der Kammertermin der umfassenden rechtlichen und tatsächlichen Klärung des Streitfalls. In dieser Phase entscheidet das Arbeitsgericht über die Begründetheit der Klage – häufig nach einer Beweisaufnahme oder intensiven rechtlichen Erörterung. In diesem Beitrag erfahren Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschaften, was im Kammertermin geschieht, welche rechtlichen Grundlagen gelten und wie sie sich optimal vorbereiten können.
Inhaltsverzeichnis
Was der Kammertermin ist
Der Kammertermin ist die Hauptverhandlung vor der Kammer des Arbeitsgerichts und ist in den §§ 57 bis 59 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) geregelt. Er findet statt, wenn der Gütetermin nach § 54 ArbGG ohne Einigung endet.
Die Kammer besteht aus drei Mitgliedern: einem Berufsrichter als Vorsitzendem sowie zwei ehrenamtlichen Richtern – einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, der andere aus dem Kreis der Arbeitgeber. Dieses paritätische Besetzungsprinzip ist kennzeichnend für das Arbeitsgericht und soll gewährleisten, dass sowohl die Sicht der Beschäftigten als auch die der Arbeitgeber berücksichtigt wird.
Im Kammertermin prüft das Gericht die Rechtslage und den Sachverhalt umfassend. Anders als im Gütetermin, der informell und auf Verständigung ausgelegt ist, findet im Kammertermin die eigentliche juristische Auseinandersetzung statt.
Ablauf des Kammertermins
Zu Beginn des Kammertermins fasst der Vorsitzende Richter den bisherigen Prozessverlauf und die Streitpunkte zusammen. Danach erhalten beide Parteien Gelegenheit, ihre Standpunkte ausführlich darzulegen.
Der Kläger (meist der Arbeitnehmer) erläutert seine Klagegründe, etwa warum eine Kündigung unwirksam ist oder welche Zahlungsansprüche bestehen. Anschließend trägt der Arbeitgeber seine Verteidigung vor. Das Gericht prüft, welche Tatsachen unstreitig und welche streitig sind.
Wenn über bestimmte Tatsachen Beweis erhoben werden muss, ordnet das Gericht dies an. Dies kann durch Zeugenaussagen, Urkunden oder Sachverständigengutachten erfolgen (§ 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. §§ 355 ff. ZPO).
Nach der Beweisaufnahme werden die Ergebnisse mit den Parteien erörtert. Oft versucht der Vorsitzende nochmals, eine gütliche Einigung zu erreichen. Ist dies nicht möglich, schließt das Gericht die mündliche Verhandlung und verkündet entweder sofort das Urteil oder bestimmt einen gesonderten Verkündungstermin.
Ziele und Bedeutung des Kammertermins
Der Kammertermin ist die entscheidende Phase des arbeitsgerichtlichen Verfahrens. Während im Gütetermin noch ein Vergleich angestrebt wird, soll im Kammertermin eine rechtlich verbindliche Entscheidung getroffen werden.
Hier wird der Streitstoff vollständig aufgearbeitet:
– Besteht ein wirksamer Kündigungsgrund?
– Wurden betriebliche, personen- oder verhaltensbedingte Gründe korrekt geprüft?
– Gibt es Ansprüche auf Lohn, Abfindung oder Urlaubsabgeltung?
– Hat der Arbeitgeber gegen gesetzliche oder tarifliche Pflichten verstoßen?
Die Kammer bewertet die Sach- und Rechtslage nach umfassender Prüfung und trifft eine Entscheidung im Namen des Volkes. Das Urteil kann nur mit Berufung oder Beschwerde angegriffen werden.
Unterschiede zwischen Gütetermin und Kammertermin
Der Gütetermin und der Kammertermin unterscheiden sich sowohl in ihrer Zielrichtung als auch in ihrem Ablauf:
– Der Gütetermin ist ein formloser Einigungsversuch unter Leitung des Vorsitzenden Richters allein. Er findet ohne Beweisaufnahme statt.
– Der Kammertermin ist die Hauptverhandlung in voller Besetzung der Kammer mit drei Richtern (§ 57 ArbGG). Hier werden Beweise erhoben und Rechtsfragen vertieft geprüft.
Während im Gütetermin ein Vergleich das Ziel ist, steht im Kammertermin die gerichtliche Entscheidung im Vordergrund – auch wenn das Gericht jederzeit versuchen kann, eine Einigung herbeizuführen.
Vorbereitung auf den Kammertermin
Arbeitnehmer sollten den Kammertermin sorgfältig vorbereiten, da hier über den Ausgang des Verfahrens entschieden wird. Wichtig ist, gemeinsam mit dem Anwalt alle relevanten Beweismittel rechtzeitig einzureichen.
Dazu gehören insbesondere:
– Arbeitsvertrag und alle Ergänzungen,
– Kündigungsschreiben, Abmahnungen oder Lohnabrechnungen,
– E-Mail-Korrespondenz und Schriftwechsel mit dem Arbeitgeber,
– ärztliche Unterlagen oder Zeugenaussagen, falls sie relevant sind,
– Nachweise über betriebliche Umstände, etwa Sozialdaten bei betriebsbedingter Kündigung.
Auch Zeugen müssen frühzeitig benannt werden, damit das Gericht sie ordnungsgemäß laden kann.
Gemeinsam mit dem Anwalt sollte die Strategie besprochen werden: Soll das Arbeitsverhältnis fortgesetzt oder eine Abfindung erreicht werden? Welche Vergleichsoptionen sind denkbar?
Beweisaufnahme im Kammertermin
Wenn Tatsachen zwischen den Parteien streitig sind, ordnet das Gericht die Beweisaufnahme an. Diese folgt den Regeln der Zivilprozessordnung (§ 46 Abs. 2 ArbGG).
Häufig werden Zeugen gehört, zum Beispiel Kollegen oder Vorgesetzte, die zu bestimmten Ereignissen aussagen können. Auch Urkunden wie Abmahnungen, E-Mails oder Betriebsratsprotokolle können als Beweismittel dienen. In besonderen Fällen kann das Gericht Sachverständige hinzuziehen, etwa bei medizinischen oder technischen Fragen.
Nach Abschluss der Beweisaufnahme würdigt das Gericht die Beweise und stellt fest, welche Tatsachen als bewiesen gelten. Diese Bewertung bildet die Grundlage der rechtlichen Entscheidung.
Vergleichsmöglichkeiten im Kammertermin
Auch im Kammertermin ist eine gütliche Einigung jederzeit möglich. Oft wird nach der Beweisaufnahme deutlich, welche Seite die besseren Argumente hat, was zu einer erhöhten Vergleichsbereitschaft führt.
Ein Vergleich kann etwa folgende Punkte regeln:
– die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Datum,
– die Zahlung einer Abfindung,
– die Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses,
– die Abgeltung offener Ansprüche.
Ein solcher Vergleich wird im Protokoll festgehalten und hat die gleiche Rechtskraft wie ein Urteil.
Urteil und Rechtsmittel
Kommt keine Einigung zustande, entscheidet das Gericht durch Urteil (§ 59 ArbGG). Das Urteil kann entweder direkt am Ende des Termins verkündet oder zu einem späteren Termin zugestellt werden.
Das Arbeitsgericht legt im Urteil fest, ob die Klage begründet ist, und regelt auch die Kostenfrage. In der ersten Instanz trägt jede Partei ihre Anwaltskosten selbst (§ 12a ArbGG), unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.
Gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts kann innerhalb eines Monats Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 64 ArbGG).
Rolle des Betriebsrats und der Gewerkschaft
Betriebsräte und Gewerkschaften spielen auch im Kammertermin eine unterstützende Rolle. Sie können Arbeitnehmer bei der Vorbereitung unterstützen, Informationen über betriebliche Abläufe liefern und rechtlich beraten.
Mitglieder einer Gewerkschaft können sich im Kammertermin durch die Rechtsabteilung ihrer Gewerkschaft vertreten lassen. Diese verfügt über erfahrene Juristen, die auf Arbeitsgerichtsverfahren spezialisiert sind.
Betriebsräte dürfen zwar nicht als Prozessvertreter auftreten, können aber helfen, relevante Dokumente oder Zeugen zu benennen.
Zusammenfassung
Der Kammertermin ist die Hauptverhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Hier entscheidet das Gericht in voller Besetzung über die Begründetheit der Klage. Beweise werden erhoben, Zeugen gehört und rechtliche Fragen geklärt.
Er bildet den entscheidenden Moment des Verfahrens, in dem entweder ein Vergleich geschlossen oder ein Urteil gesprochen wird. Arbeitnehmer sollten den Termin gut vorbereitet angehen und sich rechtlich vertreten lassen, um ihre Ansprüche wirksam durchzusetzen.
Fazit
Der Kammertermin ist das Herzstück des arbeitsgerichtlichen Prozesses. Er bietet die letzte Möglichkeit, Beweise vorzulegen, Zeugen zu benennen und den eigenen Standpunkt überzeugend darzulegen.
Mit kompetenter anwaltlicher Begleitung können Arbeitnehmer ihre Erfolgschancen deutlich erhöhen und im besten Fall eine gütliche Lösung oder ein positives Urteil erreichen.
Eine gute Vorbereitung, Sachlichkeit und juristische Unterstützung sind entscheidend für den Ausgang des Verfahrens.
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