Eine mündliche Kündigung sorgt oft für Verwirrung: Darf der Arbeitgeber das überhaupt? In diesem Beitrag erfahren Arbeitnehmer, warum eine mündliche Kündigung in der Regel unwirksam ist, welche Rechte sie haben und wie sie sich verhalten sollten. Der Artikel erklärt die rechtlichen Grundlagen, gibt praktische Tipps und zeigt, warum schnelle rechtliche Beratung entscheidend ist.
Inhaltsverzeichnis
Warum eine mündliche Kündigung unwirksam ist
Viele Arbeitnehmer sind überrascht, wenn sie plötzlich mündlich gekündigt werden – sei es in einem Gespräch mit dem Vorgesetzten, in einem Telefonat oder sogar per Nachricht über WhatsApp oder E-Mail. Doch eine solche Kündigung ist in aller Regel unwirksam. Das Arbeitsrecht schreibt eindeutig vor, dass jede Kündigung schriftlich erfolgen muss.
Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 623 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach ist für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag die Schriftform zwingend vorgeschrieben. Das bedeutet: Das Kündigungsschreiben muss handschriftlich unterschrieben und dem Arbeitnehmer im Original zugehen. Eine Kündigung per E-Mail, Fax, SMS oder Messenger erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Der Grund für diese strenge Regelung liegt im Rechtssicherheitsprinzip. Nur eine schriftliche Kündigung belegt eindeutig, dass der Arbeitgeber die Kündigung tatsächlich ausgesprochen hat, zu welchem Zeitpunkt sie erfolgte und wer sie unterschrieben hat. So sollen Missverständnisse, Manipulationen oder Streit über den Inhalt vermieden werden.
Eine mündliche Kündigung – selbst wenn sie eindeutig formuliert wurde – hat keine rechtliche Wirkung. Das Arbeitsverhältnis besteht also fort, als wäre nichts geschehen. Arbeitnehmer sollten in diesem Fall weiterhin zur Arbeit erscheinen oder sich zumindest arbeitsbereit zeigen, um keinen Vorwurf der Arbeitsverweigerung zu riskieren.
Wie eine wirksame Kündigung aussehen muss
Damit eine Kündigung rechtswirksam ist, muss sie mehrere formale Voraussetzungen erfüllen. Sie muss schriftlich verfasst, eigenhändig vom Kündigungsberechtigten unterschrieben und dem Arbeitnehmer tatsächlich zugestellt werden. Erst mit dem Zugang des Schreibens beginnt die Kündigungsfrist zu laufen.
Das Kündigungsschreiben muss klar erkennen lassen, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden will. Eine Begründung ist in der Regel nicht erforderlich, es sei denn, der Arbeitnehmer verlangt sie ausdrücklich – etwa im öffentlichen Dienst oder nach bestimmten Tarifverträgen.
Wichtig ist außerdem, dass derjenige, der die Kündigung ausspricht, auch kündigungsberechtigt ist. Ein Kollege, Teamleiter oder Vorgesetzter darf nicht automatisch kündigen, wenn er keine entsprechende Vollmacht besitzt. Fehlt eine wirksame Vertretungsvollmacht, kann der Arbeitnehmer die Kündigung zurückweisen.
Eine elektronische Signatur oder eine digitale Unterschrift reicht ebenfalls nicht aus. Nur die handschriftliche Originalunterschrift erfüllt die gesetzlichen Anforderungen. Diese Formstrenge gilt sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer, die ihrerseits kündigen wollen.
Mündliche Kündigung durch den Arbeitgeber
Wenn der Arbeitgeber eine mündliche Kündigung ausspricht, ist diese von Anfang an nichtig. Das bedeutet, sie entfaltet keinerlei rechtliche Wirkung. Trotzdem kommt es in der Praxis häufig vor, dass Arbeitnehmer nach einer mündlichen Kündigung nicht mehr zur Arbeit erscheinen – oft aus Unsicherheit oder weil sie glauben, die Kündigung sei wirksam.
Dieses Verhalten kann jedoch problematisch sein. Da das Arbeitsverhältnis rechtlich weiterhin besteht, könnte der Arbeitgeber später behaupten, der Arbeitnehmer sei unentschuldigt ferngeblieben. Um dies zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer nach einer mündlichen Kündigung immer sofort rechtlichen Rat einholen und die weitere Vorgehensweise mit einem Rechtsanwalt besprechen.
Außerdem sollten sie ihre Arbeitsbereitschaft dokumentieren – etwa durch eine E-Mail oder ein Schreiben, in dem sie mitteilen, dass sie weiterhin zur Arbeit bereit sind. So lassen sich spätere Konflikte vermeiden, etwa über Lohnfortzahlung oder angebliche Pflichtverletzungen.
Mündliche Kündigung durch den Arbeitnehmer
Auch Arbeitnehmer dürfen ihr Arbeitsverhältnis nicht mündlich kündigen. Eine mündlich erklärte Eigenkündigung ist ebenfalls unwirksam. Wer also im Streit spontan sagt „Ich kündige!“, beendet sein Arbeitsverhältnis damit nicht wirksam.
Das mag zunächst positiv erscheinen, birgt aber auch Risiken. Denn wenn der Arbeitgeber eine solche spontane Äußerung als Rücktritt vom Arbeitsverhältnis interpretiert und den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigt, kann es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen. In solchen Fällen ist es wichtig, sofort klarzustellen, dass keine wirksame Kündigung vorliegt und man weiter zur Arbeit bereit ist.
Auch eine Kündigung per E-Mail, WhatsApp oder Fax ist nicht gültig. Sie muss schriftlich auf Papier erfolgen, eigenhändig unterschrieben und dem Arbeitgeber im Original zugehen. Erst dann beginnt die gesetzliche Kündigungsfrist zu laufen.
Besondere Konstellationen und Risiken
Mündliche Kündigungen entstehen häufig in emotional aufgeladenen Situationen – etwa im Streitgespräch, nach einer Abmahnung oder in einem Konflikt mit dem Vorgesetzten. Arbeitgeber versuchen manchmal, Druck aufzubauen, indem sie sagen: „Sie können morgen zu Hause bleiben“ oder „Das war’s, Sie sind entlassen“. Solche Aussagen sind keine wirksamen Kündigungen, können aber dazu führen, dass Arbeitnehmer verunsichert reagieren und Fehler machen.
In manchen Fällen versucht der Arbeitgeber, die Situation nachträglich zu „heilen“, indem er später eine schriftliche Kündigung nachschiebt. Hier ist der Zeitpunkt des Zugangs entscheidend: Erst die schriftliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis, nicht das vorangegangene mündliche Gespräch.
Auch wenn ein Arbeitgeber behauptet, der Arbeitnehmer habe mündlich einer Beendigung zugestimmt oder einen Aufhebungsvertrag „mündlich vereinbart“, gilt: Ein Aufhebungsvertrag ist nur wirksam, wenn er schriftlich abgeschlossen wird. Mündliche Absprachen über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sind also ebenfalls nichtig.
Vorgehen bei einer mündlichen Kündigung
Wer eine mündliche Kündigung erhält, sollte sofort handeln. Wichtig ist zunächst, Ruhe zu bewahren und nicht vorschnell zu reagieren. Da die Kündigung rechtlich unwirksam ist, besteht das Arbeitsverhältnis weiter. Arbeitnehmer sollten daher weiterhin ihre Arbeitsleistung anbieten oder sich arbeitsbereit halten.
Wichtig ist außerdem, die dreiwöchige Klagefrist nach dem Kündigungsschutzgesetz im Blick zu behalten. Wenn der Arbeitgeber nach einer mündlichen Kündigung später doch eine schriftliche Kündigung nachreicht, läuft ab diesem Zeitpunkt die Frist für eine Kündigungsschutzklage. Wird sie versäumt, gilt die Kündigung als wirksam.
Obwohl keine formwirksame Kündigung vorliegt sollte dennoch nicht allzu lange abgewartet werden, ehe man sich zu einer Klärung der Sachlage entscheidet. Denn hier kann das Institut der Verwirkung eine Rolle spielen, sodass man von einer Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ausgeschlossen ist. Daher sollte bei einer mündlichen Kündigung umgehend ein Rechtsanwalt aufgesucht werden.
Rechte auf Lohnfortzahlung und Schadensersatz
Da eine mündliche Kündigung unwirksam ist, besteht das Arbeitsverhältnis rechtlich fort. Das bedeutet, der Arbeitnehmer hat weiterhin Anspruch auf Lohnfortzahlung, solange er seine Arbeitsleistung anbietet oder der Arbeitgeber ihn nicht beschäftigt.
Verweigert der Arbeitgeber die Beschäftigung nach einer mündlichen Kündigung, gerät er in Annahmeverzug. In diesem Fall muss er den Lohn trotzdem zahlen, auch wenn der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringen konnte.
In besonders schweren Fällen, etwa wenn der Arbeitgeber durch die mündliche Kündigung bewusst schadet oder die Situation eskalieren lässt, kann auch ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen. Das gilt beispielsweise, wenn dem Arbeitnehmer dadurch finanzielle Nachteile entstehen oder er unrechtmäßig von der Arbeit ausgeschlossen wird.
Zusammenfassung
Eine mündliche Kündigung ist nach deutschem Arbeitsrecht unwirksam. Jede Kündigung muss schriftlich erfolgen, eigenhändig unterschrieben und im Original übergeben werden. Arbeitnehmer sollten nach einer mündlichen Kündigung ihre Arbeitsbereitschaft dokumentieren, auf eine schriftliche Bestätigung bestehen und rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.
Fazit
Mündliche Kündigungen sind rechtlich wertlos, führen aber oft zu Missverständnissen und Konflikten. Arbeitgeber dürfen ein Arbeitsverhältnis nur schriftlich beenden. Arbeitnehmer sollten sich von mündlichen Aussagen nicht einschüchtern lassen und bei Unsicherheit sofort anwaltliche Hilfe suchen. Eine rechtliche Prüfung schützt nicht nur den Arbeitsplatz, sondern auch den Anspruch auf Lohn und mögliche Abfindungen.
Das können wir für Sie tun
Unsere Kanzlei berät und vertritt Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschaften bundesweit in allen Fragen des Arbeitsrechts. Wir prüfen Abfindungsangebote, verhandeln mit Arbeitgebern und unterstützen Sie dabei, Ihre finanziellen Ansprüche durchzusetzen. Wenn nötig, vertreten wir Ihre Interessen vor dem Arbeitsgericht und sorgen dafür, dass Sie Ihre Rechte kennen und nutzen können.
Egal ob Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Sonstiges im Arbeitsrecht – wir stehen Ihnen mit unserer Erfahrung und rechtlichen Kompetenz zur Seite. Kontaktieren Sie uns, bevor Sie etwas unterschreiben, und sichern Sie sich eine fundierte Einschätzung Ihrer Lage. In Ihrer konkreten Situation sollten Sie immer rechtlichen Rat bei einem Anwalt für Arbeitsrecht einholen.
Hinweis: Die Inhalte dieser Beiträge dienen ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzen keine individuelle Rechtsberatung. Trotz sorgfältiger Recherche kann keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Angaben übernommen werden. Rechtsvorschriften und Rechtsprechung können sich jederzeit ändern. Für eine verbindliche rechtliche Einschätzung wenden Sie sich bitte direkt an uns.
