Arbeitsunfähigkeit – Anzeigepflicht

Eine plötzliche Krankheit kann jeden treffen – und oft passiert sie völlig unerwartet. Doch viele Arbeitnehmer wissen nicht genau, welche Pflichten sie bei einer Arbeitsunfähigkeit haben und welche Fristen gelten. Wer seine Anzeigepflicht verletzt, riskiert nicht nur Ärger mit dem Arbeitgeber, sondern auch finanzielle Nachteile. In diesem Beitrag erfahren Sie, wann und wie eine Arbeitsunfähigkeit gemeldet werden muss, welche Nachweise erforderlich sind und welche Rechte Arbeitnehmer haben. Ziel ist es, Ihnen zu zeigen, wie Sie rechtlich sicher handeln und Missverständnisse vermeiden.

Eine Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer wegen Krankheit oder Verletzung seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr erbringen kann. Dabei ist entscheidend, dass die Erkrankung körperlicher oder psychischer Natur sein kann – auch Stress, Burn-out oder Depressionen können also eine Arbeitsunfähigkeit begründen.

Die rechtliche Grundlage findet sich im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Nach § 3 EFZG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, wenn er unverschuldet arbeitsunfähig ist und das Arbeitsverhältnis bereits mindestens vier Wochen besteht. Damit dieser Anspruch gewahrt bleibt, müssen jedoch bestimmte Mitteilungs- und Nachweispflichten eingehalten werden.

Arbeitnehmer sollten wissen, dass es nicht genügt, einfach zu Hause zu bleiben. Die Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber aktiv gemeldet und bei längerer Dauer auch durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden. Nur so bleibt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestehen und arbeitsrechtliche Konsequenzen lassen sich vermeiden.

Die Anzeigepflicht bei Arbeitsunfähigkeit

Die Anzeigepflicht ist eine der wichtigsten Pflichten von Arbeitnehmern bei Krankheit. Sie ist in § 5 Abs. 1 EFZG gesetzlich geregelt und besagt, dass der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitteilen muss.

„Unverzüglich“ bedeutet dabei ohne schuldhaftes Zögern – in der Praxis also möglichst sofort, sobald klar ist, dass man nicht zur Arbeit erscheinen kann. Eine verspätete Krankmeldung kann als Pflichtverletzung gewertet werden und im schlimmsten Fall zu einer Abmahnung oder sogar Kündigung führen.

Die Mitteilung sollte persönlich, telefonisch oder – falls im Betrieb üblich – per E-Mail oder Messenger erfolgen. Wichtig ist, dass die Information den Arbeitgeber tatsächlich erreicht. Die Meldung sollte den Beginn der Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer enthalten. Angaben über die Art der Krankheit sind hingegen nicht erforderlich, da sie unter anderem dem Datenschutz unterliegen.

Arbeitnehmer, die in Schichtsystemen arbeiten oder eine Vertretung organisieren müssen, sollten den Arbeitgeber frühzeitig informieren, um den Betriebsablauf nicht zu stören. Auch bei einer Fortsetzungserkrankung ist eine neue Meldung erforderlich, selbst wenn der Arbeitnehmer zuvor schon krankgeschrieben war.

Nachweispflicht durch ärztliche Bescheinigung

Neben der Anzeigepflicht besteht auch eine Nachweispflicht. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG muss der Arbeitnehmer spätestens am vierten Kalendertag der Erkrankung eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorlegen. Viele Arbeitgeber verlangen die Bescheinigung allerdings bereits ab dem ersten Krankheitstag – das ist zulässig.

Seit 2023 erfolgt die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten in der Regel elektronisch über die Krankenkassen (elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, kurz eAU). Arbeitnehmer müssen daher keine Papierbescheinigung mehr einreichen, sollten aber den Arbeitgeber weiterhin unverzüglich über die Erkrankung informieren.

Die eAU wird vom Arzt an die Krankenkasse übermittelt, die sie dem Arbeitgeber digital zur Verfügung stellt. Trotzdem bleibt die Pflicht zur rechtzeitigen Krankmeldung bestehen – sie wird durch das neue Verfahren nicht ersetzt.

Wenn die Arbeitsunfähigkeit länger andauert, muss der Arbeitnehmer rechtzeitig eine Folgebescheinigung vorlegen. Wer die Krankschreibung auslaufen lässt und erst später verlängert, riskiert eine Lücke im Nachweis und damit den Verlust des Entgeltfortzahlungsanspruchs.

Folgen bei Verstößen gegen die Anzeigepflicht

Wer seine Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig meldet oder die ärztliche Bescheinigung zu spät einreicht, begeht eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Arbeitgeber können in solchen Fällen eine Abmahnung aussprechen. Wiederholt sich das Verhalten, droht im schlimmsten Fall eine verhaltensbedingte Kündigung.

Darüber hinaus kann der Anspruch auf Entgeltfortzahlung verloren gehen, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft gegen seine Anzeige- oder Nachweispflichten verstößt. Das bedeutet: Der Arbeitgeber darf den Lohn für die Zeit zurückhalten, in der die Pflicht verletzt wurde.

Auch arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen lassen sich vermeiden, wenn Arbeitnehmer ihre Pflichten ernst nehmen. Eine rechtzeitige Krankmeldung zeigt Zuverlässigkeit und stärkt das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber. Sollte es dennoch zu Konflikten kommen, kann ein Anwalt für Arbeitsrecht prüfen, ob arbeitsrechtliche Maßnahmen des Arbeitgebers rechtmäßig waren.

Besondere Situationen bei Arbeitsunfähigkeit

In der Praxis treten oft Sonderfälle auf, bei denen Unsicherheit besteht. Dazu gehört zum Beispiel eine Erkrankung im Urlaub. Wird ein Arbeitnehmer während des Urlaubs arbeitsunfähig, muss er die Erkrankung unverzüglich anzeigen und ein ärztliches Attest vorlegen. Die krankheitsbedingten Tage werden dann nicht auf den Urlaub angerechnet.

Auch im Ausland gilt die Anzeigepflicht. Arbeitnehmer müssen den Arbeitgeber und ihre Krankenkasse sofort informieren und eine ausländische ärztliche Bescheinigung vorlegen. Nach der Rückkehr sollte die Krankmeldung erneut in deutscher Übersetzung eingereicht werden, um Missverständnisse zu vermeiden.

Ein weiterer Sonderfall ist die Erkrankung während der Kündigungsfrist. Auch hier bestehen die gleichen Pflichten – unabhängig davon, wer das Arbeitsverhältnis beendet hat. Die Krankmeldung und die ärztliche Bescheinigung müssen fristgerecht erfolgen, um den Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht zu gefährden.

Zusammenfassung

Eine Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber unverzüglich gemeldet werden, am besten sofort nach Eintritt der Erkrankung. Die ärztliche Bescheinigung ist spätestens am vierten Tag vorzulegen, sofern der Arbeitgeber sie nicht früher verlangt.

Fazit

Wer seine Anzeigepflicht bei Arbeitsunfähigkeit kennt und beachtet, schützt nicht nur seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung, sondern auch sein Arbeitsverhältnis. Verspätete oder unterlassene Krankmeldungen führen schnell zu Abmahnungen oder Lohnverlust. Arbeitnehmer sollten sich daher immer frühzeitig melden, Nachweise vollständig erbringen und Fristen einhalten. Bei Problemen mit dem Arbeitgeber oder unberechtigten Maßnahmen ist rechtliche Unterstützung durch einen Anwalt für Arbeitsrecht ratsam, um die eigenen Ansprüche zu sichern.

Das können wir für Sie tun

Unsere Kanzlei berät und vertritt Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschaften bundesweit in allen Fragen des Arbeitsrechts. Wir prüfen Abfindungsangebote, verhandeln mit Arbeitgebern und unterstützen Sie dabei, Ihre finanziellen Ansprüche durchzusetzen. Wenn nötig, vertreten wir Ihre Interessen vor dem Arbeitsgericht und sorgen dafür, dass Sie Ihre Rechte kennen und nutzen können.

Egal ob Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Sonstiges im Arbeitsrecht – wir stehen Ihnen mit unserer Erfahrung und rechtlichen Kompetenz zur Seite. Kontaktieren Sie uns, bevor Sie etwas unterschreiben, und sichern Sie sich eine fundierte Einschätzung Ihrer Lage. In Ihrer konkreten Situation sollten Sie immer rechtlichen Rat bei einem Anwalt für Arbeitsrecht einholen.

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