Arbeitsunfähigkeit – Nachweispflicht

Eine plötzliche Erkrankung kann jeden Arbeitnehmer treffen. Doch wer krank wird, muss nicht nur zu Hause bleiben, sondern auch bestimmte gesetzliche Pflichten erfüllen. Besonders wichtig ist die Nachweispflicht: Arbeitnehmer müssen ihrem Arbeitgeber nachweisen, dass sie tatsächlich arbeitsunfähig sind. Wird diese Pflicht verletzt, drohen Abmahnung, Lohnverlust oder sogar Kündigung. In diesem Beitrag erfahren Sie, wann und wie eine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen werden muss, welche Fristen gelten und welche Rechte Arbeitnehmer haben. Ziel ist, Ihnen einen klaren Überblick zu geben, wie Sie rechtlich sicher handeln und typische Fehler vermeiden.

Die Nachweispflicht ist eine gesetzlich geregelte Verpflichtung des Arbeitnehmers, seine Arbeitsunfähigkeit durch eine ärztliche Bescheinigung zu belegen. Sie ergibt sich aus § 5 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Danach muss der Arbeitnehmer spätestens am vierten Kalendertag seiner Erkrankung eine ärztliche Bescheinigung vorlegen.

Diese Regelung soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit geben, die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit nachzuvollziehen und Missbrauch zu verhindern. Gleichzeitig dient sie dem Schutz des Arbeitnehmers, denn nur bei ordnungsgemäßem Nachweis bleibt der Anspruch auf Lohnfortzahlung bestehen.

Arbeitnehmer sollten wissen, dass die Nachweispflicht unabhängig davon gilt, ob sie an einer körperlichen oder psychischen Erkrankung leiden. Auch Stress, Erschöpfung oder Depressionen können eine Arbeitsunfähigkeit begründen – entscheidend ist, dass ein Arzt die Arbeitsunfähigkeit bestätigt.

Fristen und Ablauf der Nachweispflicht

Grundsätzlich gilt: Die ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit muss spätestens am vierten Kalendertag vorliegen. Das bedeutet, dass eine Krankschreibung, die am Montag beginnt, spätestens am Donnerstag beim Arbeitgeber eingegangen sein muss.

Allerdings kann der Arbeitgeber die Vorlage bereits früher verlangen – zum Beispiel ab dem ersten Krankheitstag. Das ist rechtlich zulässig. Arbeitnehmer sollten daher prüfen, ob eine solche Regelung besteht.

Wichtig ist auch, dass sich die Frist auf Kalendertage bezieht, nicht auf Arbeitstage. Dazu zählen also auch Wochenenden und Feiertage. Wenn ein Arbeitnehmer die Nachweispflicht nicht rechtzeitig erfüllt, kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern, bis die Bescheinigung vorliegt.

Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Seit 2023 erfolgt die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten in der Regel elektronisch. Mit der sogenannten elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wird das Verfahren deutlich vereinfacht. Der Arzt übermittelt die Krankmeldung digital an die Krankenkasse, die sie wiederum dem Arbeitgeber elektronisch zur Verfügung stellt.

Trotz dieser technischen Neuerung bleibt die Nachweispflicht bestehen. Arbeitnehmer müssen den Arbeitgeber weiterhin unverzüglich über ihre Erkrankung informieren und sicherstellen, dass die eAU ordnungsgemäß übermittelt wird. Die elektronische Übertragung ersetzt also nicht die persönliche Mitteilung über die Arbeitsunfähigkeit.

Bei privat krankenversicherten Arbeitnehmern gilt die eAU nicht, da hier keine Krankenkasse beteiligt ist. Sie müssen die ärztliche Bescheinigung weiterhin in Papierform beim Arbeitgeber einreichen. Auch in Fällen, in denen die digitale Übermittlung nicht funktioniert, sollten Arbeitnehmer vorsorglich eine Kopie der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufbewahren.

Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit und Folgebescheinigungen

Dauert eine Krankheit länger als zunächst vom Arzt bescheinigt, muss der Arbeitnehmer rechtzeitig eine Folgebescheinigung einholen. Diese sollte spätestens am nächsten Werktag nach Ablauf der bisherigen Krankschreibung vorliegen.

Wer hier eine Lücke entstehen lässt, riskiert den Verlust des Entgeltfortzahlungsanspruchs. Denn rechtlich gilt die Arbeitsunfähigkeit nur solange, wie sie ärztlich nachgewiesen ist. Wird sie nicht lückenlos bescheinigt, kann der Arbeitgeber die Zahlung einstellen.

Auch bei wiederholten Erkrankungen oder sogenannten Fortsetzungserkrankungen ist besondere Sorgfalt geboten. Wenn der Arbeitnehmer wegen derselben Krankheit innerhalb von sechs Monaten erneut arbeitsunfähig wird, zählt dies zur sogenannten Sechswochenfrist. Eine genaue ärztliche Dokumentation ist in solchen Fällen entscheidend, um den Anspruch auf Lohnfortzahlung zu sichern.

Folgen bei Verstößen gegen die Nachweispflicht

Wer seine Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig nachweist, begeht eine Pflichtverletzung. Der Arbeitgeber kann in solchen Fällen zunächst eine Abmahnung aussprechen. Kommt es wiederholt vor, dass der Arbeitnehmer seine Bescheinigung zu spät oder gar nicht vorlegt, kann dies sogar zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen.

Darüber hinaus hat der Arbeitgeber das Recht, die Lohnfortzahlung zu verweigern, solange der Nachweis fehlt. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer für diese Zeit keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat, selbst wenn er tatsächlich krank war.

In besonders schweren Fällen kann der Arbeitgeber sogar verlangen, dass der Arbeitnehmer die bereits gezahlte Vergütung zurückerstattet, wenn sich herausstellt, dass die Arbeitsunfähigkeit nicht ordnungsgemäß nachgewiesen wurde. Arbeitnehmer sollten deshalb unbedingt darauf achten, Fristen einzuhalten und sich im Zweifel rechtzeitig ärztlich bestätigen zu lassen.

Rechte der Arbeitnehmer bei berechtigter Arbeitsunfähigkeit

Auch wenn Arbeitnehmer eine Nachweispflicht haben, genießen sie im Krankheitsfall umfangreiche Rechte. Der Arbeitgeber darf keine Informationen über die Art oder Ursache der Erkrankung verlangen. Diese unterliegen unter anderem dem allgemeinem Persönlichkeitsrecht und dem Datenschutz und müssen nicht mitgeteilt werden.

Zudem dürfen Arbeitnehmer nicht unter Druck gesetzt oder zur vorzeitigen Rückkehr aufgefordert werden, solange eine gültige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt. Der Arbeitgeber muss die Krankschreibung grundsätzlich akzeptieren. Nur in seltenen Ausnahmefällen – etwa bei konkretem Verdacht auf Missbrauch – kann er den Medizinischen Dienst der Krankenkassen einschalten, um eine Überprüfung vorzunehmen.

Arbeitnehmer sollten ihre Krankschreibung sorgfältig aufbewahren und bei Bedarf nachweisen können, dass sie ihren Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen sind. So lassen sich spätere Streitigkeiten vermeiden.

Sonderfälle bei Arbeitsunfähigkeit im Ausland

Wer während eines Auslandsaufenthalts erkrankt, ist ebenfalls verpflichtet, den Arbeitgeber und die Krankenkasse unverzüglich zu informieren. In diesem Fall muss die ausländische ärztliche Bescheinigung vorgelegt und auf Verlangen ins Deutsche übersetzt werden.

Arbeitnehmer sollten sich außerdem an ihre Krankenkasse wenden, um die Anerkennung der Bescheinigung zu klären. Bei längeren Aufenthalten kann auch eine zusätzliche Meldung an die Sozialversicherung erforderlich sein.

Eine verspätete oder unterlassene Meldung aus dem Ausland kann ebenfalls dazu führen, dass der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entfällt. Deshalb ist es wichtig, auch im Urlaub oder bei Dienstreisen alle Fristen einzuhalten.

Zusammenfassung

Die Nachweispflicht verpflichtet Arbeitnehmer, ihre Arbeitsunfähigkeit spätestens am vierten Kalendertag durch ein ärztliches Attest zu belegen. Seit 2023 erfolgt der Nachweis meist digital per eAU, doch die Pflicht zur rechtzeitigen Mitteilung bleibt bestehen.

Fazit

Arbeitnehmer sollten ihre Nachweispflicht bei Arbeitsunfähigkeit sehr ernst nehmen. Nur wer seine Krankheit rechtzeitig und vollständig belegt, behält seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung und vermeidet arbeitsrechtliche Konsequenzen. Mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist der Nachweis zwar einfacher geworden, dennoch müssen Fristen und Abläufe genau beachtet werden. Wer unsicher ist oder bereits Ärger mit dem Arbeitgeber hat, sollte rechtlichen Rat einholen, um finanzielle und berufliche Nachteile zu vermeiden.

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