Kündigung – Krankheitsbedingt

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist für Arbeitnehmer oft ein schwerer Schlag – vor allem, wenn sie nach langer Krankheit oder häufiger Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Doch nicht jede Kündigung aus Krankheitsgründen ist rechtmäßig. In diesem Beitrag erfahren Arbeitnehmer, wann eine krankheitsbedingte Kündigung zulässig ist, welche Voraussetzungen gelten und wie sie sich effektiv dagegen wehren können.

Eine krankheitsbedingte Kündigung gehört zu den sogenannten personenbedingten Kündigungen. Sie kommt dann in Betracht, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung dauerhaft nicht oder nur eingeschränkt erbringen kann, weil gesundheitliche Gründe dagegenstehen. Die Erkrankung selbst ist dabei nicht schuldhaft – sie wird dem Arbeitnehmer also nicht „vorgeworfen“. Dennoch kann sie dazu führen, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beendet, wenn keine Aussicht auf Besserung besteht.

Für viele Arbeitnehmer ist eine solche Kündigung besonders bitter, weil sie häufig in einer ohnehin belastenden gesundheitlichen Situation erfolgt. Das Arbeitsrecht stellt deshalb hohe Anforderungen an die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung. Der Arbeitgeber darf nicht einfach kündigen, nur weil jemand häufig krank ist. Er muss nachweisen, dass die gesundheitlichen Einschränkungen langfristig erhebliche betriebliche Auswirkungen haben – etwa durch häufige Fehlzeiten, dauernde Arbeitsunfähigkeit oder erhebliche Kostenbelastungen.

Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind und keine milderen Mittel – wie ein anderer Arbeitsplatz, eine Umsetzung oder Anpassung der Arbeitsbedingungen – zur Verfügung stehen, kann eine krankheitsbedingte Kündigung rechtmäßig sein.

Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen zulässig. Die Rechtsprechung verlangt eine sogenannte dreistufige Prüfung, die Arbeitgeber sorgfältig durchführen müssen.

Zunächst muss eine negative Gesundheitsprognose vorliegen. Das bedeutet: Es muss zu erwarten sein, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft weiterhin häufig oder dauerhaft krank sein wird. Hierbei werden insbesondere die letzten Jahre betrachtet. Wenn die Erkrankung nur vorübergehend ist oder Aussicht auf Besserung besteht, scheidet eine Kündigung in der Regel aus.

Zweitens muss die Erkrankung zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Arbeitgeber aufgrund häufiger Ausfälle Arbeitsabläufe dauerhaft stören oder zusätzliche Kosten durch Vertretungen entstehen.

Drittens muss eine Interessenabwägung ergeben, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei werden die Dauer der Beschäftigung, das Alter, die Art der Erkrankung und die Chancen auf Genesung berücksichtigt. Eine lange Betriebszugehörigkeit spricht in der Regel gegen eine Kündigung.

Liegt nur eine dieser drei Voraussetzungen nicht vor, ist die Kündigung unwirksam. Arbeitnehmer sollten daher immer prüfen lassen, ob der Arbeitgeber die genannten Punkte ausreichend begründen und nachweisen kann.

Bedeutung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM)

Bevor ein Arbeitgeber wegen Krankheit kündigt, ist er gesetzlich verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank war – am Stück oder wiederholt. Das BEM dient dazu, gemeinsam mit dem Arbeitnehmer, dem Betriebsrat und ggf. dem Betriebsarzt zu prüfen, wie der Arbeitsplatz erhalten und erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann.

Das BEM ist keine bloße Formalität. Es ist ein wichtiger Bestandteil des Kündigungsschutzes. Führt der Arbeitgeber kein BEM durch, obwohl er dazu verpflichtet ist, spricht dies stark gegen die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung. In einem Kündigungsschutzverfahren muss der Arbeitgeber dann besonders detailliert erklären, warum keine Weiterbeschäftigung möglich war.

Arbeitnehmer sollten daher darauf achten, ob ihnen vor einer Kündigung ein BEM angeboten wurde. Eine fehlende Durchführung kann die Kündigung angreifbar machen und die Chancen einer erfolgreichen Klage deutlich erhöhen.

Häufige Fallgruppen bei krankheitsbedingten Kündigungen

In der Praxis gibt es verschiedene Konstellationen, in denen Arbeitgeber krankheitsbedingt kündigen. Die wichtigsten Fallgruppen sind:

1. Häufige Kurzerkrankungen:
Der Arbeitnehmer fällt innerhalb eines Jahres mehrfach krankheitsbedingt aus, jeweils nur für kurze Zeiträume. Wenn sich dieses Muster über mehrere Jahre wiederholt und keine Besserung zu erwarten ist, kann der Arbeitgeber eine Kündigung in Betracht ziehen. Entscheidend ist, ob die Fehlzeiten das Unternehmen erheblich belasten.

2. Langandauernde Erkrankung:
Wenn ein Arbeitnehmer über einen sehr langen Zeitraum – meist mehr als 18 Monate – ununterbrochen arbeitsunfähig ist und keine Aussicht auf baldige Genesung besteht, kann der Arbeitgeber unter Umständen kündigen. Allerdings muss er prüfen, ob eine Umsetzung oder Wiedereingliederung möglich ist.

3. Krankheitsbedingte Leistungsminderung:
Manche Arbeitnehmer sind zwar nicht vollständig arbeitsunfähig, können aber aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen dauerhaft nicht mehr die vereinbarte Leistung erbringen. Auch hier muss der Arbeitgeber sorgfältig prüfen, ob Anpassungen oder Hilfsmittel die Arbeitsfähigkeit erhalten können.

In allen Fällen gilt: Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber. Er muss konkret darlegen, warum die gesundheitliche Beeinträchtigung dauerhaft besteht und welche betrieblichen Nachteile daraus entstehen.

Beteiligung des Betriebsrats und besonderer Kündigungsschutz

In Betrieben mit einem Betriebsrat muss dieser vor jeder Kündigung angehört werden – auch bei krankheitsbedingten Kündigungen. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung vollständig mitteilen. Unterlässt er diese Anhörung oder übermittelt unvollständige Informationen, ist die Kündigung unwirksam.

Zudem genießen bestimmte Personengruppen besonderen Kündigungsschutz, auch bei Krankheit. Dazu gehören Schwangere, Arbeitnehmer in Elternzeit, Schwerbehinderte, Mitglieder des Betriebsrats und Datenschutzbeauftragte. Hier ist eine Kündigung teilweise nur mit Zustimmung der jeweils zuständigen Behörde möglich.

Für schwerbehinderte Arbeitnehmer ist vor einer Kündigung außerdem das Integrationsamt einzuschalten. Dieses prüft, ob die Kündigung gerechtfertigt ist oder ob Maßnahmen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes möglich sind. Wird diese Zustimmung nicht eingeholt, ist die Kündigung unwirksam.

Vorgehen nach einer krankheitsbedingten Kündigung

Wer eine krankheitsbedingte Kündigung erhält, sollte sofort handeln. Zunächst ist wichtig, dass die Kündigung schriftlich vorliegt – mündliche oder elektronische Kündigungen sind unwirksam. Das Kündigungsschreiben sollte aufbewahrt werden, da Datum und Inhalt für die weitere rechtliche Prüfung entscheidend sind.

Anschließend gilt die dreiwöchige Klagefrist: Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie eigentlich rechtswidrig war.

In manchen Fällen kann zudem vorgesehen sein, dass vor einer Klage eine Schlichtungsstelle angerufen werden muss. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann prüfen, ob dies im konkreten Fall zutrifft und welche Schritte einzuleiten sind.

Arbeitnehmer sollten außerdem prüfen lassen, ob sie Anspruch auf Abfindung, Wiedereinstellung oder Lohnfortzahlung haben. Auch offene Urlaubsansprüche oder Überstundenvergütungen können bestehen bleiben. Eine frühzeitige anwaltliche Beratung ist hier entscheidend, um keine Fristen zu versäumen und alle Rechte zu sichern.

Abfindung und Wiedereinstellung nach krankheitsbedingter Kündigung

Ein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung besteht bei krankheitsbedingter Kündigung in der Regel nicht. Dennoch kann im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens oder durch Verhandlungen häufig eine Abfindung erreicht werden – insbesondere, wenn der Arbeitgeber Formfehler gemacht oder kein BEM durchgeführt hat.

In einigen Fällen ist auch eine Wiedereinstellung möglich, etwa wenn sich der Gesundheitszustand kurzfristig bessert oder die Kündigung sich im Nachhinein als unbegründet herausstellt. Auch hier kann ein Anwalt für Arbeitsrecht prüfen, welche Strategie sinnvoll ist: Wiedereinstellung, Abfindungsverhandlung oder Klage auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

Zusammenfassung

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nur wirksam, wenn eine negative Gesundheitsprognose besteht, betriebliche Interessen erheblich beeinträchtigt sind und eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfällt. Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist dabei ein zentraler Schutzmechanismus. Arbeitnehmer sollten eine Kündigung wegen Krankheit niemals einfach hinnehmen, sondern rechtlich prüfen lassen.

Fazit

Krankheitsbedingte Kündigungen sind rechtlich besonders heikel und häufig angreifbar. Arbeitgeber müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllen, bevor sie kündigen dürfen. Arbeitnehmer, die eine solche Kündigung erhalten, sollten schnell reagieren, die dreiwöchige Klagefrist beachten und sich rechtlich beraten lassen. Eine Prüfung kann nicht nur zur Aufhebung der Kündigung, sondern auch zu einer Abfindung oder Wiedereinstellung führen.

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