Eine Druckkündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber wegen des Drucks Dritter – etwa von Kollegen, Kunden oder dem Betriebsrat – einen Arbeitnehmer entlässt. Doch solche Kündigungen sind rechtlich nur in engen Grenzen zulässig. In diesem Beitrag erfahren Arbeitnehmer, wann eine Druckkündigung erlaubt ist, welche Rechte Sie haben und wie Sie sich dagegen erfolgreich wehren können.
Inhaltsverzeichnis
Was eine Druckkündigung bedeutet
Der Druck kann von Kollegen, Kunden, Geschäftspartnern oder sogar vom Betriebsrat ausgehen. Der Arbeitgeber steht dann scheinbar zwischen den Fronten: Entweder er kündigt, oder er riskiert Konflikte oder wirtschaftliche Nachteile.
Typische Fälle sind etwa, wenn Kollegen sich weigern, weiter mit einem bestimmten Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten, Kunden mit Auftragsentzug drohen oder in der Öffentlichkeit ein negativer Druck entsteht – beispielsweise durch Medienberichte oder Gerüchte.
Das Arbeitsrecht erlaubt solche Kündigungen jedoch nur in absoluten Ausnahmefällen. Grundsätzlich ist es Aufgabe des Arbeitgebers, seine Mitarbeiter zu schützen und für geordnete Arbeitsbedingungen zu sorgen. Er darf nicht einfach nachgeben, nur weil andere Druck ausüben. Eine Druckkündigung ist daher nur wirksam, wenn der Arbeitgeber alle milderen Mittel ausgeschöpft hat und die Kündigung tatsächlich das letzte Mittel („ultima ratio“) darstellt. Die Rechtsprechung definiert eine Druckkündigung wie folgt:
Eine Druckkündigung liegt vor, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen. Dabei sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Das Verlangen des Dritten kann gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen in dessen Person liegenden Grund objektiv gerechtfertigt sein. In diesem Falle liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung ausspricht. Fehlt es an einer objektiven Rechtfertigung der Drohung, kommt eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 13.05.2025, Az.: 10 SLa 687/24
Formen der Druckkündigung
Wie sich aus der oben stehenden Definition ergibt, unterscheidet man im Arbeitsrecht zwischen zwei Formen der Druckkündigung: die echte Druckkündigung und die unechte Druckkündigung.
Die echte Druckkündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber selbst keinen Anlass zur Kündigung hat, sich aber aufgrund äußerer Umstände oder Drohungen dazu gezwungen sieht. Das bedeutet: Der Arbeitnehmer hat sich nichts zuschulden kommen lassen, doch Dritte fordern seine Entlassung – etwa Kunden, die sagen: „Wenn dieser Mitarbeiter bleibt, kündigen wir unsere Verträge.“
Die unechte Druckkündigung liegt hingegen vor, wenn es tatsächlich ein Fehlverhalten oder einen Kündigungsgrund gibt, der den Druck nur verstärkt. In diesem Fall ist die Kündigung nicht wegen des Drucks, sondern wegen des eigenen Verhaltens des Arbeitnehmers gerechtfertigt.
In beiden Varianten gilt: Der Arbeitgeber darf nur kündigen, wenn er ernsthafte und erhebliche Nachteile befürchten muss und wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, um den Konflikt zu lösen – etwa durch Gespräche, Versetzung oder Mediation.
Voraussetzungen einer wirksamen Druckkündigung
Damit eine Druckkündigung rechtmäßig ist, müssen mehrere strenge Voraussetzungen erfüllt sein. Die Gerichte verlangen vom Arbeitgeber ein sorgfältiges und nachvollziehbares Vorgehen, bevor er überhaupt über eine Kündigung nachdenken darf.
Zunächst muss tatsächlich ein erheblicher Druck von außen bestehen. Das bedeutet, dass Dritte mit ernsthaften Konsequenzen drohen, wenn der Arbeitnehmer nicht entlassen wird. Bloße Unzufriedenheit, Gerüchte oder vage Drohungen reichen nicht aus.
Zweitens muss der Arbeitgeber alles Zumutbare tun, um den Druck abzuwehren oder zu entschärfen. Er muss versuchen, die Dritten – also Kollegen, Kunden oder Geschäftspartner – von ihrem Verlangen nach einer Entlassung abzubringen. Dazu gehören klärende Gespräche, interne Vermittlungsversuche oder organisatorische Maßnahmen wie eine Versetzung oder Neuaufteilung der Aufgaben.
Erst wenn all diese Maßnahmen erfolglos bleiben und die Situation unhaltbar geworden ist, kann eine Druckkündigung in Betracht kommen. Selbst dann ist sie nur zulässig, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar wäre.
Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist die Druckkündigung unwirksam. In der Praxis scheitern viele dieser Kündigungen genau an diesen hohen Anforderungen.
Anhörungspflicht und Rolle des Betriebsrats
Wie bei jeder Kündigung muss auch bei einer Druckkündigung der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung angehört werden (§ 102 BetrVG). Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat umfassend über die Hintergründe informieren – insbesondere über die Art des Drucks, die beteiligten Personen, die unternommenen Gegenmaßnahmen und die Gründe, warum eine Kündigung unvermeidbar erscheint.
Der Betriebsrat kann der Kündigung widersprechen, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist oder wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Konfliktlösung nicht ausreichend nachgekommen ist. Wird der Betriebsrat nicht oder nur unvollständig angehört, ist die Kündigung formell unwirksam.
In Betrieben mit einer Schwerbehindertenvertretung oder einem Gleichstellungsbeauftragten müssen diese Stellen ebenfalls beteiligt werden, sofern der betroffene Arbeitnehmer besonderen Schutz genießt – etwa bei Schwerbehinderung oder Elternzeit.
Abgrenzung zu anderen Kündigungsarten
Die Druckkündigung darf nicht mit anderen Kündigungsformen verwechselt werden. Sie unterscheidet sich vor allem von der Verdachtskündigung und der betriebsbedingten Kündigung.
Während bei der Verdachtskündigung ein konkreter Verdacht gegen den Arbeitnehmer besteht, geht es bei der Druckkündigung nicht um ein eigenes Fehlverhalten, sondern um äußeren Druck. Die betroffene Person kann also völlig schuldlos sein.
Von einer betriebsbedingten Kündigung unterscheidet sich die Druckkündigung dadurch, dass sie nicht auf betriebliche Erfordernisse wie Auftragsrückgang oder Umstrukturierungen gestützt ist, sondern auf die Drohung Dritter, die Zusammenarbeit zu verweigern.
Gerade weil der Arbeitnehmer keine direkte Schuld trägt, prüfen Arbeitsgerichte Druckkündigungen besonders streng. Arbeitgeber müssen belegen, dass sie aktiv versucht haben, die Situation zu entschärfen, bevor sie zum äußersten Mittel gegriffen haben.
Vorgehen nach einer Druckkündigung
Wer eine Druckkündigung erhält, sollte sofort handeln. Auch wenn der Arbeitgeber behauptet, „ihm sei keine andere Wahl geblieben“, ist die Kündigung häufig rechtswidrig. Arbeitnehmer sollten daher innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen.
Zuvor sollte geprüft werden, ob der Arbeitgeber tatsächlich alle erforderlichen Schritte unternommen hat, um den Druck abzuwehren. Hat er keine Gespräche geführt oder keine anderen Maßnahmen ergriffen, ist die Kündigung in der Regel unwirksam.
Auch die Form der Kündigung ist entscheidend: Sie muss schriftlich erfolgen, eigenhändig unterschrieben und klar formuliert sein. Eine mündliche oder elektronische Kündigung ist unwirksam.
Arbeitnehmer sollten außerdem den Betriebsrat einschalten. Dieser kann bestätigen, ob der Arbeitgeber den Fall ordnungsgemäß dargestellt oder wesentliche Informationen verschwiegen hat. In vielen Fällen kann der Betriebsrat auch im Kündigungsschutzprozess als Zeuge auftreten.
Chancen auf Abfindung oder Wiedereinstellung
Da Druckkündigungen rechtlich schwer zu begründen sind, bestehen für Arbeitnehmer häufig gute Erfolgsaussichten vor Gericht. Selbst wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass ein Druck bestand, scheitert die Kündigung meist daran, dass er nicht ausreichend versucht hat, diesen Druck zu beseitigen.
In solchen Fällen kann das Arbeitsgericht die Kündigung aufheben und das Arbeitsverhältnis fortsetzen. Alternativ kann eine Abfindung ausgehandelt werden, wenn eine Rückkehr in den Betrieb unzumutbar erscheint. Die Höhe der Abfindung hängt von der Dauer der Beschäftigung, der wirtschaftlichen Situation des Arbeitgebers und der Stärke der rechtlichen Position ab.
Ein erfahrener Anwalt für Arbeitsrecht kann helfen, die beste Strategie zu wählen – ob Wiedereinstellung oder Abfindung – und die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber professionell führen.
Zusammenfassung
Eine Druckkündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigt, weil Dritte mit Nachteilen drohen. Sie ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber alle milderen Mittel ausgeschöpft und ernsthaft versucht hat, den Druck abzuwehren. In der Praxis scheitern viele Druckkündigungen vor Gericht, weil diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Arbeitnehmer sollten immer innerhalb von drei Wochen Klage einreichen.
Fazit
Druckkündigungen gehören zu den schwierigsten und fehleranfälligsten Kündigungsarten im Arbeitsrecht. Arbeitgeber dürfen nicht einfach dem Druck anderer nachgeben, sondern müssen aktiv für den Schutz ihrer Mitarbeiter eintreten. Arbeitnehmer, die eine solche Kündigung erhalten, sollten sie nicht hinnehmen – die Chancen auf erfolgreiche Gegenwehr oder eine Abfindung stehen oft gut.
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