Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld gehören zu den beliebtesten Sonderzahlungen im Arbeitsverhältnis – doch ein gesetzlicher Anspruch besteht nicht immer. In diesem Beitrag erfahren Arbeitnehmer, wann Anspruch auf Sonderzahlungen besteht, wann Arbeitgeber sie kürzen oder zurückfordern dürfen und wie Sie Ihre Ansprüche rechtlich durchsetzen.
Inhaltsverzeichnis
Was Sonderzahlungen sind
Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld sind zusätzliche Vergütungsbestandteile, die Arbeitgeber freiwillig oder auf Grundlage einer Vereinbarung zahlen. Sie dienen entweder der Belohnung von Betriebstreue, dem Ausgleich besonderer Belastungen oder der Motivation der Belegschaft.
Ein gesetzlicher Anspruch auf Sonderzahlungen besteht nicht automatisch. Er kann sich aber ergeben aus:
- einem Arbeitsvertrag,
- einem Tarifvertrag,
- einer Betriebsvereinbarung,
- nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz
- oder einer betrieblichen Übung (wenn regelmäßig gezahlt wird).
Sonderzahlungen können verschiedene Zwecke erfüllen:
- Weihnachtsgeld soll meist die Betriebstreue belohnen und die Arbeitnehmer am wirtschaftlichen Erfolg beteiligen.
- Urlaubsgeld dient dem finanziellen Ausgleich für die mit dem Urlaub verbundenen Mehrausgaben.
Die rechtliche Behandlung hängt entscheidend davon ab, welchen Zweck die Zahlung hat – Treueprämie, Arbeitsentgelt oder reine Gratifikation.
Anspruch auf Weihnachtsgeld
Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht, wenn der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist – etwa durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag.
In vielen Branchen regeln Tarifverträge die Höhe und Auszahlung des Weihnachtsgelds. Typischerweise wird ein bestimmter Prozentsatz des Monatsgehalts gezahlt – häufig zwischen 50 und 100 Prozent des Novemberentgelts.
Fehlt eine vertragliche oder tarifliche Regelung, kann sich der Anspruch aus einer betrieblichen Übung ergeben.
Eine betriebliche Übung entsteht, wenn der Arbeitgeber mindestens drei Jahre in Folge Weihnachtsgeld in gleicher Weise und ohne Vorbehalt zahlt. Der Arbeitnehmer darf dann davon ausgehen, dass die Zahlung künftig fortgesetzt wird.
Will der Arbeitgeber die Zahlung einstellen, muss er rechtzeitig und klar einen sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt oder Widerrufsvorbehalt erklären.
Ein Freiwilligkeitsvorbehalt muss eindeutig formuliert sein – etwa:
„Die Zahlung des Weihnachtsgelds erfolgt freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Auch durch wiederholte Zahlung entsteht kein Anspruch für die Zukunft.“
Unklare oder doppelte Formulierungen („freiwillig, aber vorbehaltlich wirtschaftlicher Lage“) sind meist unwirksam, sodass die Zahlung verpflichtend wird.
Anspruch auf Urlaubsgeld
Das Urlaubsgeld soll Arbeitnehmer finanziell entlasten, damit sie ihren Urlaub tatsächlich zur Erholung nutzen können.
Auch hier gilt: Ein Anspruch besteht nur, wenn er vertraglich, tariflich oder betrieblich vereinbart ist.
In vielen Tarifverträgen wird Urlaubsgeld zusätzlich zum Urlaubsentgelt gezahlt – häufig als fester Betrag oder pro Urlaubstag.
Besteht kein Tarifvertrag, kann ein Anspruch durch betriebliche Übung oder Zusage entstehen. Beispiel: Wenn der Arbeitgeber drei Jahre in Folge allen Mitarbeitern 500 Euro Urlaubsgeld zahlt, entsteht daraus eine verbindliche Verpflichtung.
Einseitig kann der Arbeitgeber die Zahlung dann nicht mehr einstellen – es sei denn, er hat einen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart (oder einen Widerrufsvorbehalt!).
Kürzung oder Ausschluss von Sonderzahlungen
Arbeitgeber können Sonderzahlungen nicht beliebig kürzen oder streichen. Änderungen sind nur zulässig, wenn ein wirksamer Vorbehalt besteht oder ein tariflicher Anpassungsmechanismus greift.
Eine Kürzung ist insbesondere nicht erlaubt, wenn:
- die Zahlung vertraglich zugesichert wurde,
- sie Teil des regelmäßigen Entgelts ist,
- oder sie an bereits erbrachte Arbeitsleistung anknüpft.
Anders kann es aussehen, wenn das Weihnachtsgeld ausdrücklich an Betriebstreue geknüpft ist. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die Zahlung verweigern, wenn der Arbeitnehmer vor dem Auszahlungszeitpunkt ausscheidet.
Beispiel:
„Das Weihnachtsgeld wird nur gezahlt, wenn das Arbeitsverhältnis am 31.12. besteht.“
Eine solche Stichtagsregelung ist grundsätzlich zulässig – allerdings nur, wenn das Weihnachtsgeld nicht überwiegend Entgeltcharakter hat.
Für das Urlaubsgeld gilt dagegen: Es ist arbeitsleistungsbezogen, weshalb Stichtagsklauseln hier meist unzulässig sind.
Rückzahlung von Weihnachtsgeld
Manche Arbeitgeber verlangen, dass Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld zurückzahlen, wenn sie kurz nach der Auszahlung kündigen.
Solche Rückzahlungsklauseln sind nur wirksam, wenn sie
- klar und verständlich formuliert sind,
- den Arbeitnehmer nicht unangemessen lange binden, und
- die Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe der Zahlung steht.
Unwirksam sind Klauseln, die eine Rückzahlung auch bei betriebsbedingter Kündigung oder Krankheit verlangen. Sie dürfen nur greifen, wenn der Arbeitnehmer selbst kündigt oder schuldhaft Anlass zur Kündigung gibt.
Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung
Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld sind steuer- und sozialversicherungspflichtig, da sie zum Arbeitsentgelt gehören.
Sie werden im Monat der Auszahlung versteuert und unterliegen den üblichen Abzügen für Lohnsteuer, Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Einige Tarifverträge sehen anstelle von Weihnachtsgeld auch steuerbegünstigte Einmalzahlungen (z. B. Inflationsausgleichsprämien) vor. Diese sind nur dann steuerfrei, wenn sie ausdrücklich als solche bezeichnet und entsprechend umgesetzt werden.
Mitbestimmung des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat bei der Einführung, Änderung oder Abschaffung von Sonderzahlungen kein zwingendes Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber freiwillige Leistungen gewährt.
Allerdings kann der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmen, wie Sonderzahlungen verteilt oder berechnet werden, sofern sie Teil der betrieblichen Entgeltgestaltung sind.
Er kann zudem darauf achten, dass die Auszahlung transparent, gleichbehandelnd und diskriminierungsfrei erfolgt. Eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund – etwa nach Geschlecht, Teilzeitstatus oder Elternzeit – wäre ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Sonderzahlungen bei Krankheit, Elternzeit und Kündigung
Ob Arbeitnehmer bei Krankheit oder Elternzeit Sonderzahlungen erhalten, hängt vom Zweck der Zahlung ab:
- Hat die Sonderzahlung Entgeltcharakter (z. B. 13. Monatsgehalt), besteht auch während Krankheit oder Elternzeit Anspruch.
- Hat sie Treuecharakter (z. B. reine Gratifikation), kann der Anspruch entfallen, wenn der Arbeitnehmer nicht beschäftigt ist oder vor dem Stichtag ausscheidet.
Kündigt der Arbeitnehmer vor Auszahlung, kommt es auf die jeweilige Vereinbarung an. Ist die Zahlung an ein bestehendes Arbeitsverhältnis zum 31.12. gekoppelt, entfällt der Anspruch bei vorheriger Beendigung.
Wichtig: Teilzeitbeschäftigte oder Arbeitnehmer in Elternzeit dürfen bei Sonderzahlungen nicht benachteiligt werden (§ 4 TzBfG). Eine anteilige Berechnung ist aber zulässig.
Zusammenfassung
Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld sind zusätzliche Vergütungen, die meist vertraglich, tariflich oder durch betriebliche Übung geregelt sind. Arbeitnehmer haben Anspruch, wenn entsprechende Vereinbarungen bestehen oder Zahlungen regelmäßig erfolgen. Kürzungen oder Rückforderungen sind nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen zulässig.
Fazit
Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld sind für viele Arbeitnehmer wichtige Einkommensbestandteile. Arbeitgeber dürfen sie nicht willkürlich streichen oder zurückfordern. Ob ein Anspruch besteht, hängt vom Vertrag, Tarif oder der betrieblichen Praxis ab. Arbeitnehmer sollten ihre Vereinbarungen sorgfältig prüfen und bei unklaren Klauseln rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
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